Samstag, 12. Mai 2018

Einmal mehr Wegfahren...



So, das Zimmer ist leer,  ein weiteres Abschiedsfest wurde gefeiert...! Wieso ich nur immer Abschiedsfeste und keine Ankunftsfeste feiere? Ich weiss es nicht, wahrscheinlich bin ich noch nirgends wirklich angekommen in den letzten Jahren.

Frühmorgens am 1. Mai 2018 ging’s los, endlich war es soweit. 



Die nächsten drei Wochen bin ich als fahrender Checkpoint für den Women World Record 2018 des Grizzly Race Teams unterwegs. Zu diesem Zweck fuhr ich zuerst nach Cham und holte Sandro ab, der mich als Teammitglied begleiten wird. Er ist im Besitze des Lastwagenprüfung und wird mir somit meine Reise erleichtern. Zusammen fuhren wir nach Zürich, wo es noch eine Fotosession gab und ein bescheidenes Frühstück. Gegen zehn Uhr konnten wir dann richtig losfahren. 






Der erste Tag führte uns wie gewohnt durch Deutschland. Mässig viel Verkehr auf der Autobahn, da es ein landesweiter Feiertag ist. Gut für uns. Doch nach etwa 600 km tauchte schon das erste Problem auf, eine Druckluftleitung scheuerte am Auspuffrohr und verlor durch das Loch sehr viel Luft. Auf einer Raststätte provisorisch geflickt und weiter gefahren bis nach Bautzen. Da via Facebook-Gruppe „Allrad-LKW-Hilfe“ um Rat gefragt wegen Reparaturwerkstatt und auch etliche Hinweise bekommen.




Am 2.Mai fuhren wieder rechtzeitig los, es gab ja noch was zum Reparieren. Bei Ronny Koch in Bautzen eine Top Hydraulikbude gefunden und ich kriegte ein neues Stahlrohr montiert. 




So konnte nun die Fahrt beschwerdefrei fortgesetzt werden. Wir durchquerten Polen und kurz vor der litauischen Grenze rasteten wir auf einer Raststätte. Darum heissen die ja so...!
Weiter dann am Donnerstag durch Litauen und Lettland bei schönstem Wetter und wenig Verkehr. 





So erreichten wir bereits kurz vor 18 Uhr die Grenze zu Russland. Auf der lettischen Seite ging es sehr speditiv, es gab fast keine LKW, da irgendwie wieder Feiertag war oder so. Uns soll’s recht sein! Die Russen hatten viel Freude an uns, wussten aber wie gewöhnlich nicht so recht, was machen. LKW aber Privatpersonen... Nun ja, sie entschieden sich für einen Mix, was recht gut aufging. Die Kontrolle war kurz und unspektakulär, ich musste nicht viel öffnen. Dafür war die Deklaration etwas komplizierter. Die Kommandantin des Büdchens wollte es genau wissen und ich musste alles aufschreiben, was ich da so mitführte. Doch irgendwie strich sie immer mehr zusammen, da das Gewicht zu hoch wurde oder der Wert zu viel. Sie schaute peinlichst darauf, dass wir nicht über die 1‘500 € kamen, die deklarationsfrei erlaubt sind. Nach ungefähr 1 ½ Stunden und dreimal neu ausgefüllter Deklaration bekam ich eine von ihr, welche sie selber ausfüllte und wo plötzlich nichts mehr zu deklarieren drauf war! Auch das sollte mir recht sein! Selbstverständlich gab es danach nochmals eine Besichtigung, aber auch diesmal sehr human. 





So konnten wir nach einer Rekordzeit von nur drei Stunden in Russland einreisen! Juhee!! Und ich kann den Magirus ein Jahr einführen! Noch schnell Haftpflichtversicherung gelöst und bei der nächsten Gelegenheit raus auf eine Raststätte zum Übernachten. Wir wurden gleich vom russischen Charme des Restaurants erschlagen und ich fühlte mich sogleich zu Hause... Ich unterhielt mich mit dem Wachmann und das nächste Mal, wenn ich vorbei komme, gehen wir zusammen fischen. Auf jeden Fall.



Heute am 4. Mai unterwegs Richtung Moskau. Auf halber Strecke trafen wir die wohl härteste Frau, die ich je kennengelernt habe. Plötzlich vor uns ein Fahrrad mit Schweizer- und Bernerfahne. Da mussten wir natürlich anhalten. Thesi hatte sich darüber auch sehr gefreut. Sie ist mit dem Fahrrad von der Schweiz aus losgeradelt bis nach Moskau. Von da mit dem Zug nach Vladivostok, weiter nach Korea. Mit dem Fahrrad wieder nach Nepal, um da dann den 1‘500 km langen Great-Himalay-Trail unter die Füsse zu nehmen. Wahnsinn!
Wir waren aber so was von beeindruckt! 




Nun denn, dass gab uns genügend Gesprächsstoff für die nächsten paar dutzend Kilometer. Moskau umfuhren wir auf dem äussersten Ring, diesmal im Norden. Aber auch dieses Jahr standen wir ausgangs Moskau wieder im Stau, auch nachts. So um elf hielt ich bei einem Rastplatz. Bier, Essen, Bett.
Am 5. Mai war unser Ziel Kazan. Das sollte eigentlich zu einer vernünftigen Stunde erreicht werden. Denkste! Genau wie letztes Jahr standen wir kurz nach Nishni Novgorod etwa vier Stunden in einem Monsterstau vor einer Baustelle. Und nur LKW. 




Diese Zeit konnten wir natürlich nicht mehr einholen und so kamen wir um etwa halb elf in Kazan an. Als Entschädigung konnten wir dafür den prächtig beleuchteten Kreml bestaunen bei der Einfahrt in die Stadt. Beim Hotel parkiert, Zimmer bezogen und noch kurz in die Stadt auf ein Bier oder zwei...



Am nächsten Morgen versuchte ich noch eine Stadtführung zu organisieren, doch obwohl die sympathische Frau an der Rezeption alles versuchte, kriegten wir nichts mehr. Es war einfach zu kurzfristig. Da wir den Rennverlauf nicht vorhersehen können, war es eh immer ein bisschen schwierig, etwas zu organisieren. Ich war schon froh, kriegten wir noch ein Hotelzimmer so spontan. Also machte ich für Sandro selber eine Stadtführung bei bestem Wetter. Am Abend gingen wir ins tatarische Spezialitätenrestaurant zum essen. Sozusagen mein Stammlokal in Kazan.







Nach einem weiteren reichhaltigen Frühstück machten wir uns gemütlich bereit, um weiter zu reisen. Heute sollten wir die russische Fahrerin Tatiana bei Ufa treffen. Aber irgendwie hatte sie kleine technische Probleme, die von ihr völlig überbewertet wurden. Eigentlich hätte sie direkt zu uns fahren können um es zu reparieren. Aber nein, sie fuhr nach Kasan rein und ging auch noch bei der Mutter essen... So traf sie gegen 01.30 Uhr bei uns am Checkpoint ein und hätte einen Zwei-Stunden-Timestop machen müssen. Ich hatte aber keine Lust, zwei Stunden in der Nacht aufzubleiben, also schickte ich sie ins nahegelgene Motel und sie sollte am Morgen wieder vorbeikommen. 






Am 8. Mai kam dann Tatiana so gegen neun Uhr vorbei. Sie hätte noch Ersatzreifen mitnehmen sollen, doch das wollte sie auch nicht. Na ja, musste sie selber entscheiden. Wir auf jeden Fall fuhren danach ohne Eile nach Ufa. 






Vor den Toren Ufas kaufte ich noch russische Flaggen für den Magirus, schliesslich ist morgen Tag des Sieges in Russland. Da wollte ich den Lastwagen etwas rausputzen. Nachmittags um zwei erreichten wir das Hotel in Ufa. Der Parkwärter war sehr mürrisch und ich musste erst das Hotel bitten ihn anzurufen, damit er uns rein liess. Nach dem Zimmerbezug ging ich zu ihm mit einem Päckchen Zigarillos und er war sofort wie ein umgedrehter Handschuh. Ich glaube, wir sind nun Freunde! Nachdem wir etwas kleines gegessen hatten, führte ich Sandro in der Stadt rum und wir latschten gut und gerne drei Stunden rum. Ich kenne mich noch nicht so gut aus in Ufa... Zurück zum Hotel ging es dann mit dem Taxi.





Am Abend trafen wir Veronica, eine alte Bekannte von mir. Sie brachte eine Freundin mit und gemeinsam verbrachten wir einige Stunden in der gemütlichen Hotelküche... Es gab viel zu erzählen und zu lachen. Später gesellte sich Veronicas Bekannter Aidar dazu, ein berühmter Maultrommelmusiker. Für uns gab es ein kleines Ständchen und eine Vorführung verschiedener Maultrommeln, sowie ein Crashkurs. 





Später am Abend gingen wir gemeinsam noch aus, in die scheinbar angesagteste Diskotheke der Stadt. Mir war es aber schon bald einmal zu laut, doch Sandro hielt noch lange durch.
Der nächste Tag begann mit einem erbärmlichen Frühstück im Hotel. Heute am 9. Mai ist „Tag des Sieges“ in Russland, ein landesweiter Feiertag. Wir trafen am Mittag Aigul, ebenfalls eine gute Bekannte von mir und Stadtführerin. Zusammen machten wir uns auf, an der Parade teilzunehmen. Es war ein riesiger Menschenauflauf und sehr friedlich. Irgendwann während des Marsches drehte sich eine Frau um und sagte in gebrochenem Deutsch, dass sie sich sehr freue und dankbar sei, dass wir hier dabei seien. Offensichtlich glaubte sie, dass wir Deutsche sind, da wir ja mit Aigul Deutsch sprachen. Wie dem auch sei, ich war von dieser versöhnlichen Geste tief berührt!









Nach der Parade gingen wir gemeinsam essen und danach zeigte uns Aigul noch einige Sehenswürdigkeiten der Stadt. 




Am späteren Nachmittag verabschiedete ich mich schweren Herzens von ihr. Wir gingen zurück ins Hotel und rechtzeitig ins Bett. Endlich wieder mal...
Ab morgen geht es rasant weiter Richtung Osten, wir sollen unsere Schweizer Fahrerin Isa in Novosibirsk treffen.

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